Das Misereor Hungertuch 2025/26
Gemeinsam träumen – Liebe sei Tat in 7 Nachdenkereien
3. Fastensonntag, 23.03.2025 4. Nachdenkerei - Kreuz Oculi mei semper ad Dominum - Meine Augen schauen stets auf den Herrn
Vierte Nachdenkerei – Kreuz
In der Mitte der Insel steht ein weißes Zelt, dessen Eingang geöffnet ist. Es erinnert an die weißen UN-Unterkünfte für geflüchtete Menschen. Zelte sind durchlässig, fragil, unsicher, bieten kaum Privatsphäre, sind schnell auf- und abgeschlagen und bieten Schutz für begrenzte Zeit.
Ein Leben im Zelt heißt: unterwegs zu sein, immer bereit zu neuen Aufbrüchen mit den Füßen, mit Kopf, Herz und Hand. Ein Leben in Bewegung und Unsicherheit ohne Bindung an Räume und Orte.
Das weiss-leuchtende Zelt, Gold umrandet, ist wie ein Heilsraum. Es erinnert an die Geschichte von Gott, der dem Volk Israel durch die Wüste in einem Zelt voranzog, dem Zelt der Begegnung.
Die goldene Zeltspitze, eine aufragende Antenne, die Himmel und Erde verbindet und jeden Notschrei aufnimmt und weiterleitet, eine Antenne der Liebe.
Die angedeuteten goldenen Streifen an den Rändern des Hungertuches deuten ein Kreuz an. Dieses christliche Zeichen nimmt die Szene in die Mitte und markiert sie als Besonderes. Die Frau im Eingang zeigt auf die Zeltspitze. Mahnung oder Warnung?
Unser Gott ist mit uns auf dem Weg in dunklen Zeiten. Krisen fordern oft Veränderungen von uns. Um diese zu bewältigen, können wir uns gegenseitig helfen, nach vorn zu schauen und Träume und Ideen entwickeln. Wohin gehen wir gemeinsam?
Liebe sei Tat.
2. Fastensonntag, 16.03.2025 - Flucht Reminiscere - Denk an dein Erbarmen, Herr
Dritte Nachdenkerei – Flucht
Wer flüchtet? Und warum? Und wie sieht Flucht aus?
Viele Gründe können Menschen dazu bringen, ihre Heimat zu verlassen. Viele Geschichten könnten erzählt werden.
Wenn jemand sie hören wollte.
Es sind Geschichten von Krieg, Ungerechtigkeit und materieller Not, Geschichten von Hoffnung auf etwas Anderes, Besseres,
Hoffnung auf die Zukunft, die eigene und die der Kinder.
Da ist die hochschwangere Frau im Boot über das Mittelmeer.
Da ist die Familie mit dem Neugeborenen im Boot.
Machen wir uns nichts vor: auch wir fliehen fast täglich vor etwas, vor der unangenehmen Wahrheit, vor unangenehmen Aufgaben, manchmal fliehen wir vor uns selber.
Unangenehmen Wahrheiten ins Auge sehen oder Verschwörungstheorien folgen?
Unangenehme Aufgaben angehen oder einfache Scheinlösungen akzeptieren?
Über mich selbst ein klares Bild suchen oder eine Maske aufsetzen, die mein wahres Ich versteckt?
Jesu Worte mit offenen Augen hören und tätig werden
Liebe sei Tat.
1. Fastensonntag, 09.03.2025 - Invocabit me et ego exuadian eum - Wenn er mich ruft, dann will ich ihn erhören
Zweite Nachdenkerei – Wasser
Wie viele Eimer entdecken wir auf dem Hungertuchbild?
Links beugt sich der Junge aus Nigeria über einen weißen und gelben Eimer, ein anderer Junge aus Brasilien verschüttet Wasser im großen Bogen aus einem kleineren Eimer und lacht dabei, ein weiteres Becherchen steht im Sand neben zwei Mädchen aus Indien.
Wozu werden die Eimer gebraucht?
In vielen Ländern kommt das Trinkwasser nicht wie bei uns aus dem Wasserhahn, frisch, sauber und kühl sondern muss aus einem Brunnen geholt werden. Der Weg dahin kann sehr lang sein. Oft sind es Frauen, die diese schwere Last kilometerweit nachhause tragen. Frisches Wasser wird zum Trinken, Waschen, Gemüseputzen, zum Kochen, zum Tränken der Tiere unbedingt benötigt.
Bei uns in Deutschland verbraucht ein Mensch täglich ca. 120 Liter Wasser nicht nur für lebensnotwenige Anwendungen. In den südlichen Ländern dagegen ist das Wasser knapp. Oft regnet es monatelang nicht. Dann bleiben die Brunnen und Eimer leer- das Leben wird schwer.
Aber das Wasser auf dieser Erde gehört allen Menschen. Weil es so kostbar ist und immer knapper wird, ist es wichtig, dass auch wir in Europa sparsam damit umgehen.
Schauen wir noch mal aufs Hungertuch:
Die Kinder auf der kleinen Insel sind dort sicher nicht zu Hause. Hier können sie auf Dauer nicht leben. Auf der Insel fehlt ihnen alles: Trinkwasser, Nahrungsmittel, ein Stück Land zum Anbau, Strom, feste Häuser. Vermutlich sind sie von dort, wo sie herkommen, geflüchtet, weil ein Krieg sie vertrieben hat oder weil es in ihrem Land viel zu trocken geworden ist.
Die Frau am Brunnen, die Samariterin, reichte Jesus aus einem Schöpfgerät frisches Wasser. Er sagte ihr daraufhin noch besseres Wasser zu.
Gott möge uns den Willen und die Kraft geben mit anderen zu teilen, so dass es für alle reicht.
Liebe sei Tat.
05.03.2025 Aschermittwoch
Erste Nachdenkerei – Feuer
„Feuer ist tausend mal tausend auf der Glut tanzend Flammen.
Feuer ist lebendig, wild und unberechenbar.
Feuer wird, Feuer ist, Feuer vergeht.“
Ich sehe das Feuer. Die Flammen tanzen und züngeln. Es knistert. Rauch steigt auf, Funken sprühen. Ich spüre die Wärme. Es ist hell.
Dann erlischt es. Rot glüht die Asche. Und schließlich ist das Feuer aus. Das Holz zuvor ein lebendiger Baum, ist verbrannt. Etwas Neues ist daraus hervorgegangen. Asche – nur Müll?
Auch in uns lodern Flammen. Unser inneres Feuer brennt und gibt uns Energie zum Leben und um unser Leben zu gestalten.
„Das Wesen des Menschen ist tausendmal tausend Flammen auf der Glut, die in seiner Seele ruht.
Die Flammen tragen Namen:
Freude, Wut, Angst, Trieb, Tat, Traum, Liebe, Glück, Gier.
Geh durch die Flammen zurück zur Feuer-Energie, geh zurück zur Glut…“(1)
Das Hungertuch stellt einige Facetten dieses Lebens dar. Schauen wir in die Gesichter der Menschen. Angst, Unsicherheit, Zuneigung, Neugier, Lachen und Sehnsucht sind darin zu lesen.
Ja, auch wir sind lebendig, wir brennen, haben Energie, geben Energie und Licht ab, und brennen aus.
Liebe sei Tat!
(1) An Agni Smidah, »Der, der die Flammen schmiedet« (Pseudonym), Mystiker aus: https://www.aphorismen.de/gedicht/209632 (aufgerufen am 27.02.2025, 14.57 Uhr)